Von australischen Goldgräbern und hessischen Drehleiermädchen

Anfang des 19. Jahrhunderts herrschte in weiten Teilen der Gebiete Hessen-Nassau, Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel bittere Armut. Um zusätzliche Verdienstquellen zu erschließen, begannen die Bauern und Landarbeiter damit, Besen und Fliegenwedel zu verkaufen. Schnell stellte man fest, dass sich die Waren besser verkaufen ließen, wenn man von tanzenden und Drehleier spielenden Mädchen begleitet wurde. Und schon wurde das Tanzen und Musizieren immer wichtiger und die hübschen Mädchen immer bekannter. Man begriff schnell, dass sich so leicht viel Geld verdienen ließ. Der Erfolg der Drehleiermädchen rief natürlich auch die ersten Seelenverkäufer auf den Plan. Sie verpflichteten die naiven Mädchen aus den Dörfern des Taunus und der Wetterau und brachten sie in die Tanzkneipen Englands oder die Goldgräberstädte Nordamerikas und Australiens. Dort war ihr Leben hart. Durch die „Agenten“ teilweise auch zur Prostitution gezwungen, kamen viele gebrochen, krank und mittellos in die Heimat zurück. In den Bildern des Malers Nathanael Sichel findet sich allerdings ausschließlich die romantisch verklärte Form der Darstellung. Rassige Mädchen in pompöser Kleidung, die Drehleier als dekorative Beigabe, animierten nicht nur französische Malerkollegen zur Nachahmung.